Redebeitrag zum feministischen Kampftag

Am 08.03.2024 haben wir uns der Demo zum feministischen Kampftag vom FLINTA* Kollektiv Ulm angeschlossen. Die Demo lief über zwei Stunden lautstark durch die Ulmer Innenstadt und hatte in der Spitze circa 250 Teilnehmende. Entlang der Route gab es immer wieder Redebeiträge, einer davon wurde von Frauen und Queeren Menschen aus unserer Gruppe geschrieben und gehalten. Hier der gesamte Redebeitrag:

Heute ist der 8. März, heute ist der feministische Kampftag. Ein Tag an dem wir uns an die Kämpfe erinnern, die vor uns für unsere Rechte gefochten wurden. Ein Tag um uns vor Augen zu führen, welche Kämpfe wir heute und welche wir in Zukunft führen müssen.

Seit Jahren werden antifeministische und queerfeindliche Positionen lauter und nehmen immer mehr Platz in gesellschaftlichen Diskursen ein. Antifeminismus ist dabei mehr als eine Gegenbewegung zum Feminismus. Er ist eine Weltanschauung, die sich gegen eine gesellschaftliche Liberalisierung und die Auflösung von Geschlechterverhältnissen stellt. Antifeminismus ist eine Weltanschauung, die die heteronormativen patriachialen Herrschaftsverhältnisse um jeden Preis aufrecht erhalten will.

Frauen werden Männern gegenüber abgewertet. Reproduktive, sexuelle und geschlechtliche Selbstbestimmung als Feindbild deklariert. Queerness und Transidentitäten werden geleugnet, als psychische Krankheiten pathologisiert und queere und Transpersonen angefeindet und angegriffen.

Solche Positionen sind fester Bestandteil extrem rechter Ideologie. Die Vorstellung eines allmächtigen Feminismus spielt insbesondere im rassistischen und antisemitischen Bild des sogenannten Bevölkerungsaustauschs eine tragende Rolle. In dieser extrem rechten Verschwörungserzählung geht es um den angeblichen systematischen Austausch der weißen Gesellschaft unter anderem durch Migration, reproduktive Selbstbestimmung, Feminismus und queere Bewegungen.

Wenn man von Antifeminismus in Deutschland redet, ist die AfD nicht fern. Für die AfD äußert sich die Angst vor dem Bevölkerungsaustausch in der Verteidigung der bürgerlichen Kleinfamilie für den Erhalt von dem, was sie als Deutsches Volk bezeichnen. Sie fordern eine nationale Bevölkerungspolitik, in der die in ihren Augen richtigen Personen mehr Kinder kriegen sollen um ihr deutsches Volk zu erhalten. Wenig verwunderlich also, dass AfD-Mitglieder häufig stimmungsgebend auf Anti-Abtreibungsmärschen wie dem Marsch für das Leben sind.

Aber antifeministische Ideen sind nicht auf die AfD beschränkt. Bei dem Marsch für das Leben laufen nicht nur extrem rechte AkteurInnen mit, neben ihnen marschieren Mitglieder der CDU, kirchliche VertreterInnen und andere AbtreibungsgegnerInnen.

Antifeminismus ist salonfähig. Die Leipziger Autoritarismusstudie spricht bei 25 % aller Befragten von einem geschlossenen antifeministischen Weltbild. Wir finden Antifeminismus und seine Bestandteile in parlamentarischen Diskussionen, auf der Straße, im Alltag, bei der Arbeit und zum Teil auch in unserem eigenen Bekanntenkreis.

Das hat Konsequenzen. In den Parlamenten lehnt unter anderem die AfD das Selbstbestimmungsgesetz und damit das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung ab. Sie fordert die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Gender an Universitäten in Form der Gender Studies mindestens einzuschränken, wenn nicht abzuschaffen. Sie schaffen hier wie auch in anderen Bereichen die Debatte zu verschieben und damit antifeministische Positionen in der Gesellschaft zu etablieren. Ein Effekt, der sich auf der Straße niederschlägt. Die Anzahl an queer- und transfeindlichen Angriffen und Bedrohungen steigt seit Jahren an. Die Meldestelle Antifeminismus der Amadeu Antonio Stiftung erfasst seit Januar letzten Jahres solche Vorfälle. Im ersten Jahr ihrer Erhebung gingen dort 814 Meldungen ein. Diese reichen von verbalen Bedrohungen, über Sachbeschädigungen bis hin zu körperlichen Übergriffen. Die Motive sind am häufigsten queerfeindlicher und sexistischer Natur.

Queerfeindliche Gewalt gibt es auch in Ulm. Wenn ich mir Demonstrationen der vergangenen Jahre in Ulm anschaue, war ich auf den Pride Märschen, so schön sie auch waren, meist nicht damit beschäftigt meine Existenz als Queere Person zu feiern, sondern queerfeindliche und antifeministische Angriffe von eben diesem Marsch abzuschirmen. Sei es durch die Identitäre Bewegung, SSV Fußballfans oder die schwäbische Bürgerlichkeit.

Dagegen gilt es zu kämpfen. Gegen die AfD, gegen den Antifeminismus und die Transfeindlichkeit in der Gesellschaft und gegen die alltägliche Gewalt.
Tag für Tag, indem wir queere Identitäten sichtbar machen und ihnen eine Stimme geben. Indem wir uns selbst sichtbar machen und unsere Stimme erheben. Indem wir uns gegen diese bitteren Zustände in diesem Land und auf der ganzen Welt erheben und für eine Welt kämpfen, in der wir alle frei sind. In der Solidarität keine Worthülse ist und unsere Existenz niemand in Frage stellt.